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Berliner Testament

Viele Ehepartner betrachten ihr Vermögen als gemeinsames Eigentum, obwohl ihre Vermögen auch nach der Eheschließung rechtlich vollständig getrennt bleiben. Doch die Stunde der Wahrheit kommt, wenn das Nachlassgericht neben dem Ehepartner auch Kinder oder andere Verwandte als rechtmäßige Erben in den Erbschein aufnimmt. Mit einem Ehegattentestament kann man solche Überraschungen ausschließen. Weit verbreitet ist der Wunsch, dass die eigenen Kinder das Vermögen erst nach dem Tod des länger lebenden Ehepartners erben sollen. Beim Ehegattentestament ist jedoch auch der Güterstand der Ehe zu beachten.

Ein gemeinschaftliches Testament liegt dann vor, wenn es letztwillige Verfügungen beider Ehegatten enthält, die den Willen haben, gemeinsam zu testieren. Jeder Ehegatte kann Verfügungen treffen, die er für sich selbst auch in einem Einzeltestament anordnen würde. Es können nur der eigene Erbfall oder beide Erbfälle geregelt werden. In einem gemeinschaftlichen Testament können Eheleute auch einen von ihnen geschlossenen Erbvertrag aufheben.

Man unterscheidet drei Arten des gemeinschaftlichen Ehegattentestaments, wobei jede Gestaltung privatschriftlich oder notariell vorgenommen werden kann:

  • das gleichzeitige gemeinschaftliche Testament (zwei Testamente, nur äußerlich zu einem Testament verbunden, enthält inhaltlich nicht miteinander verbundene und nicht aufeinander abgestimmte Verfügungen)
  • das gegenseitige Ehegattentestament (die Ehegatten bedenken sich untereinander durch Erbeinsetzung, Vermächtnisse oder Begünstigungen in Form einer Auflage)
  • das wechselbezügliche Testament (entspricht den Vorstellungen, die sich die meisten Eheleute von letztwilligen Verfügungen machen. Wortlaut oder Auslegung des Testaments ergeben, dass die Verfügungen des einen Ehegatten von denen des anderen abhängig sind und nur gelten sollen, solange die Verfügungen des anderen Bestand haben).

Das „Berliner Testament“ wird vom Willen beherrscht, zunächst den Lebensstandard des überlebenden Ehegatten zu sichern und danach Sorge zu tragen, dass das Vermögen beider Ehegatten auf die gemeinsamen Abkömmlinge oder einen Dritten übergeht.

Es gibt hier zwei Gestaltungsmöglichkeiten: die Einheitslösung und die Trennungslösung.

Die Einheitslösung gilt im Zweifel immer dann, wenn nichts anderes verfügt ist. Die Eheleute setzen sich gegenseitig als Erben ein (Vollerbschaft) und verfügen über beide Nachlässe. Ferner wird bestimmt, dass nach dem Tod des Überlebenden der beiderseitige Nachlass an einen Dritten (Ersatzerbe) – regelmäßig an ihr gemeinsames Kind oder Kinder – fallen soll (Schlusserbschaft).

Die Einheitslösung ist der klassische und den meisten Laien bekannte Fall des Berliner Testaments und häufig auch in einem Ehegattenerbvertrag.

Bei der Trennungslösung setzen die Eheleute jeweils den Überlebenden zum Vorerben des Erstverstorbenen ein und einen Dritten einmal zum Nacherben des Erstverstorbenen nach dem zweiten Erbfall. Dies hat zur Folge, dass beim ersten Todesfall zwei getrennte Vermögensmassen entstehen – das von der Vor- und Nacherbschaft betroffene Vermögen des Erstverstorbenen und das eigene Vermögen des überlebenden Ehegatten, über das er unbeschränkt verfügen kann, wenn das gemeinschaftliche Testament nichts anderes bestimmt. Diese Erbeinsetzung hat zur Folge, dass der Überlebende dabei so vielen – nur teilweise abdingbaren – Verfügungsbeschränkungen unterliegt, dass man ihn einen „Erben auf Krücken“ nennen kann. Sachgerechte Vermögensumschichtungen und notwendige Investitionen sind von der Gnade der Nacherben – regelmäßig also den Kindern – oder des sie schützenden Gerichts abhängig. Soll das nicht so sein, muss der überlebende Ehegatte hiervon bereits im Testament ganz oder teilweise ausdrücklich befreit werden.

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